DER BUCHHANDEL sieht sich Herausforderungen gegenüber, die die gesamte Branche tiefgreifend verändern. Steigende Produktionskosten, die schwer auf kleinen und unabhängigen Verlagen lasten, sinkende Verkaufszahlen und eine schwindende Sichtbarkeit sowohl im stationären Handel als auch in den Medien prägen den Alltag. Auch wir spüren diese Entwicklungen deutlich. Doch unsere Leidenschaft für Bücher, für fundierte Inhalte und sorgfältig zusammengestellte Programme bleibt ungebrochen – denn wir glauben an die Kraft des Gedruckten und an die Bedeutung von Büchern als Medium der Reflexion, Bildung und Inspiration.
In diesem Sinne freuen wir uns, eine ganz besondere Veröffentlichung ankündigen zu können: Zum 100. Geburtstag von Frantz Fanon am 25. Juli 2025 erscheint bei uns der Band »Denker der Dekolonisation«. Autor Philipp Dorestal hat es sich zur Aufgabe gemacht, Fanons Denken auf eine neue Weise zugänglich zu machen. Er greift dabei auch auf bisher nicht übersetzte oder wenig beachtete Texte zurück und präsentiert eine umfassende Analyse, die Fanons Werk in seiner ganzen Tiefe und Aktualität würdigt. Dorestal zeigt, wie der Autor von »Schwarze Haut, weiße Masken« (1952) und »Die Verdammten dieser Erde« (1961) eine eigenständige materialistische Theorie von Rassismus und kolonialer Entfremdung entwickelt hat, die ihresgleichen sucht und bis heute von großer Aktualität ist – gerade in einer Zeit, in der globale Ungleichheit, rassistische Diskriminierung und neokoloniale Strukturen immer wieder in den Fokus rücken.
Doch nicht nur Frantz Fanon wird 2025 in unserem Programm gewürdigt. Auch der 100. Geburtstag von Johannes Agnoli am 22. Februar ist Anlass für einen neuen Band in unserer Reihe »Biografische Miniaturen«. Agnolis Arbeit prägte die politische Linke und die kritische Gesellschaftstheorie in Deutschland – bekannt wurde er besonders durch sein Werk »Die Transformation der Demokratie« (1967).
Ein anderer Band in der Reihe widmet sich Ketty Guttmann, einer faszinierenden, aber nahezu vergessenen Kommunistin. Sie gab Anfang der 1920er-Jahre in Hamburg eine Zeitung für Prostituierte heraus, was sie weit über die Stadtgrenzen hinaus berühmt machte. Mit dieser Biografie möchten wir Guttmanns Wirken wieder ins Bewusstsein rufen.
In einer Welt, die immer komplexer und undurchsichtiger wird, brauchen wir Bücher, die Zusammenhänge aufzeigen, die inspirieren und die den Mut zum Widerstand stärken. Gerade deshalb wollen wir solche Stimmen wie die von Agnoli, Fanon und Guttmann nicht nur bewahren, sondern neu erschließen. Denn trotz aller Herausforderungen bleibt der Buchhandel ein Ort, an dem die Auseinandersetzung mit den großen Fragen unserer Zeit ihren Platz findet. Bücher sind mehr als Produkte – sie sind Kulturträger, Denkanstöße und Hoffnungsschimmer.
Martin Beck
Verlagsleiter